Die Evang. Kirche in Strümpfelbrunn - Zwillingsschwester von St. Ilgen

Luftaufnahme der Evang. Kirche in Strümpfelbrunn (mit freundlicher Genehmigung der Gemeinde Strümpfelbrunn)

Zeitgleich mit der Dreifaltigkeitskirche erbaut wurde die Evangelische Kirche in Waldbrunn-Strümpfelbrunn, ebenfalls unter der Leitung von Emil Döring. Auch diese Kirche war als Gruppenbau (mit Pfarrhaus) geplant. Anders als in St. Ilgen konnte dies verwirklicht werden. Turm und Pfarrhaus liegen allerdings auf der diametral gegenüber liegenden Seite, benachbart zum ebenfalls vorhandenen Konfirmandensaal, der sich wie bei uns hinter dem Altarraum befindet.

Originalentwurf für St Ilgen mit der - nicht verwirklichten - Orgelbalustrade
(Archiv der Bauabteilung der Evang. Landeskirche in Baden, Photo: JG)

Interessant ist der Bau für uns dadurch, dass im Innern Gestaltungselemente vorhanden sind, die auch in der ursprünglichen Planung der Dreifaltigkeitskirche vorgesehen waren, aber aus Kostengründen eingespart wurden - wie eine Balustrade an der Orgelempore, die in der Kanzelbalustrade wieder aufgenommen werden sollte, sowie eine zentrale Skulptur über dem Altar, in Strümpfelbrunn als Christusfigur ausgeführt, in St Ilgen als großes Kreuz geplant.

Hier sehen Sie eine Architekturskizze unserer Kirche in St. Ilgen, die diese geplante Balustrade und das Kreuz erkennen lässt - weiter unten finden Sie eine Aufnahme aus der Kirche in Strümpfelbrunn, wo diese Orgelbalustrade verwirklicht wurde.

Wie in St. Ilgen wurde dort das Wiesbadener Modell zugrunde gelegt - das Gestühl halbkreisförmig auf die Kanzel ausgerichtet, die über dem Altar thront. Zusätzlich war in Strümpfelbrunn auch der Taufstein zentral in der Mittelachse angeordnet - vor dem an die Wand gerückten Altar. Der Kirchenraum ist etwas schmaler als bei uns, daher stoßen in den äußeren beiden Banksegmenten die Bänke an die Kirchenwand.

Evang. Kirche in Strümpfelbrunn mit einer Orgelbalustrade, wie sie auch in St Ilgen vorgesehen war.
(Photo: JG)

Besonders schön wirkt der Kontrast zwischen den Ausmalungen der beiden Kirchen. Während in der Dreifaltigkeitskirche bei der Gestaltung der Fensterlaibungen ein tiefes Ultramarin vorherrscht mit an Juwelen erinnernden goldenen Farbfeldern, dominiert in Strümpfelbrunn an dieser Stelle ein Smaragdgrün als Grundton, allerdings auch hier mit ultramarinblauen, weißen und goldenen Mustern belegt. Diese Innenausmalung erlitt dasselbe Schicksal wie in St. Ilgen - bei der Renovierung in den sechziger Jahren wurde sie komplett übermalt. Erst nach der Untersuchung durch einen Restaurator in den 90er Jahren konnte die Originalbemalung wieder hergestellt werden.

Der Altar, den man in den 60ern gleichfalls entfernte, ist anders als bei uns eingelagert und erhalten worden, so dass heute der Gottesdienst wieder im originalen Ambiente dieser Kirche gefeiert werden kann.

Jugendstilfenster in Strümpfelbrunn
(Photo: JG)

Die ursprünglichen Fenster scheinen noch vorhanden, jedenfalls stimmt die kleinteilige Einteilung der Fenster mit der im Jugendstil üblichen überein, so wie sie in St. Ilgen auf der Orgelempore sichtbar ist. Allerdings sind die Glaselemente nicht bunt gestaltet, sondern erscheinen lediglich transparent bis milchig-farblos, mit einzelnen schwarz ornamentierten Gläsern.

Geplant waren auf den großen Fensterflächen ursprünglich figürliche Darstellungen z.B. von “Melanchthon, die Bibel erklärend”, und “Luther vor dem Reichstag in Worms”. Aus Kostengründen erhielten jedoch lediglich die Fenster unter der Gegenempore zur Orgel figürliche Fassung. Sie zeigen Darstellungen aus dem badischen Herrscherhaus und der Patronatsfamilie, die die Kirche mitfinanziert hatte.

So ist auch die Strümpfelbrunner Kirche, besonders mit den Augen eines St. Ilgeners, der die Dreifaltigkeitskirche kennt, einen Besuch wert, um die Verwandtschaft zu erkennen und dabei die feinen Unterschiede würdigen zu können.

 

 
top