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500 Jahre Reformation - Gedenken oder Feiern?

In diesem Jahr jährt sich der Thesenanschlag Martin Luthers und damit der Beginn der Reformation am 31.10.1517 zum 500. Mal. Die evangelische Kirche begeht dieses Jubiläum mit dem Lutherjahr. Im ökumenischen Gespräch stellte sich in den vergangenen Jahren oft die Frage: „Reformation: Gedenken oder Feiern?“. Dieser Frage ging Thomas Herkert, Direktor der katholischen Akademie Freiburg, in einem spannenden Vortrag am 14.01.2017 in der evangelischen Dreifaltigkeitskirche in St. Ilgen nach. Die evangelischen Gemeinden in der Region gaben damit auch den Startschuss für ihre eigenen Veranstaltungen zum Lutherjahr 2017.

In den einführenden Worten betonte Jörg Geißler, Pfarrer der evangelischen Gemeinde St. Ilgen: „Es ist für uns ein Zeichen der ökumenischen Verbundenheit, dass wir das Jubiläumsjahr 2017 mit einem katholischen Referenten beginnen wollen.“ Der Referent bewies aber im Anschluss, dass er zwar die katholische Sicht einbrachte, dabei aber immer auch die ökumenische Perspektive im Blick hatte.

Thomas Herkert strich heraus, dass die Reformation für beide Kirchen einen tiefen Einschnitt bedeute, beginnend vom Thesenanschlag bis zu den Folgen von Trennung und Spaltung. Während für die Kirchen der Reformation mit dem Jubiläum zuerst die Vergewisserung auf die Wurzeln einhergehe, sei die Spaltung aber ein Stachel für beide. Grundsätzlich gilt für ihn: „Wer zu entscheiden hat, ob der Reformation gedacht oder sie gefeiert wird, ist die evangelische Kirche.“

Im weiteren Verlauf des Vortrags wurde aber deutlich: die katholische Kirche kann die Reformation ebenfalls feiern. Der Bezug auf die gesellschaftliche Situation der damaligen Zeit machte deutlich: der Reformbedarf in der Kirche war im 15./16. Jahrhundert massiv. Die Spaltung, die im Anschluss der Reformbemühungen entstand, war darüber hinaus ein Produkt der politischen Situation und der Machtverhältnisse. Und das Konzil von Trient (1545-1563) auf katholischer Seite ist eigentlich kein Gegenreform-Konzil, sondern greift selbst viele Forderungen der Reformatoren auf und führte viele Reformen in der katholischen Kirche selbst ein. Insofern dürften sich sowohl die Kirchen der Reformation als auch die katholische Kirche „freuen über die geistigen Gaben der Reformation“. Und was damals kirchentrennend gewirkt hat, ist es heute zum größten Teil nicht mehr.

Den Schwenk auf die Gegenwart verband Thomas Herkert mit dem Blick auf die zehnjährige Lutherdekade, mit der sich die Evangelische Kirche Deutschlands auf das Jubiläum vorbereitete. In dieser Zeit gab es auch Verstimmungen auf katholischer Seite. Jedoch führte das ökumenische Gespräch zu einer Vergewisserung über den gemeinsamen Weg.

Niedergeschlagen hat sich diese Vergewisserung im gemeinsamen Wort von EKD und deutscher Bischofskonferenz zum Reformationsjubiläum „Erinnerung heilen - Jesus Christus bezeugen“. „Wir wollen in aller Freiheit miteinander und vor der Öffentlichkeit davon Rechenschaft ablegen, was wir einander angetan haben und was wir aneinander haben“ - so dieses gemeinsame Dokument im Wortlaut.

Die Heilung der durchaus schmerzlichen Erinnerungen und der damit verbundene Weg von Vergebung und Versöhnung sei eine wichtige Basis dafür, die Einheit in versöhnter und geschwisterlicher Verschiedenheit zu leben. Und sie sei heutzutage besonders wichtig, damit das Zeugnis für Christus gemeinsam abgelegt wird. Dies ist für den Direktor der katholischen Akademie Freiburg, Thomas Herkert, der im November 2017 die Aufgabe des Caritasdirektors für die Erzdiözese Freiburg übernimmt, eine wichtige Aufgabe der christlichen Kirchen heute: „Wir müssen in der Gesellschaft immer mehr mit einer Stimme sprechen, damit wir gehört werden!“

In seinem Vortrag wies er die Zuhörenden auch wiederholt auf die Zeichen hin, die Papst Franziskus in den vergangenen Jahren gesetzt hatte, die die noch bestehenden theologischen Differenzen zwischen den Kirchen, die aus der Reformation hervorgegangen seien (der katholischen und den verschiedenen evangelischen Kirchen), überbrückten.
So besuchte Papst Franziskus die Evangelische Gemeinde in Rom und brachte ihr als Geschenk einen vergoldeten Abendmahlskelch mit. Zuletzt sei ein Photo um die Welt gegangen, photographiert anlässlich seines Besuchs beim Lutherischen Weltbild in Lund (Schweden). Dort schließt der Papst die Bischöfin von Uppsala, Antje Jackelen, in die Arme. - Thomas Herkert ließ (h)offen, ob man diese Zeichen auch als Hinweise auf die Position des Papstes in der Frage des Abendmahls und der Frauenordination verstehen könne.

Der Vortrag von Thomas Herkert war der Startschuss für eine ganze Reihe von Veranstaltungen in den evangelischen Gemeinden in Leimen, Nußloch und Sandhausen zum Reformationsjubliäum. Die ökumenische Bibelwoche, eine Predigtreihe, weitere Vorträge und Angebote beleuchten die Reformation aus unterschiedlichen Perspektiven.


Bericht: Gernot Hödl (für den vorletzten Abschnitt: J. Geißler)

Photos 1+2: J. Geißler
Photo 3: Hans Michael Uhl - Papst Franziskus und der deutsche Pfarrer der Evang. Gemeinde in Rom, Kruse
Photo 4: Reuters - Papst Franziskus und die Bischöfin von Uppsale, Antje Jackelen

 

 
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