Geschichte der Gemeinde seit 1916

Mit den vorgenannten Pfarrer/innen und Gemeindediakon/innen ist die Geschichte unserer Gemeinde personell eng verwoben. In der Folge sollen in einer Chronik die wichtigsten Ereignisse im Leben unsere Gemeinde dargestellt werden.

Ehemaliges Pfarrhaus Ecke Bahnhofstraße / Theodor-Storm-Straße
(Photo: JG)

Von dem Zeitpunkt an, als St. Ilgen selbständige Kirchengemeinde werden sollte, wurde auch das Thema Pfarrhaus aktuell. Die (Pfarr)Vikare hatten bis 1930 zur Miete gewohnt. Auf Empfehlung des Oberkirchenrats in Karlsruhe wurde im Oktober das Anwesen an der Ecke Bahnhofstraße / Theodor-Storm-Straße erworben, zunächst als Teilbesitz der Kirchengemeinde St. Ilgen zu einem Drittel. Der Rest gehörte bis zur Schenkung an unsere Gemeinde im Jahr 1939 der Evangelischen Landeskirche.

Über die Ereignisse im “Dritten Reich” schweigen die Quellen. Die Aufzeichnungen von Philipp Kübler beginnen erst wieder mit dem Jahr 1947 und trotz intensiver Recherche im eigenen Archiv unserer Gemeinde wie dem der Landeskirche konnten für den Zeitraum 1933-45 bisher leider keine aussagekräftigen Dokumente gefunden werden. Ein Nachtrag über die finsteren Jahre unserer Geschichte bleibt so anderen vorbehalten.

Nach dem zweiten Weltkrieg war die Gemeinde besonders durch die Lage der Flüchtlinge und Vertriebenen herausgefordert. Pfarrer Riemensperger und ab 1947 auch Pfarrer Martin beherbergten bis 1948 zwei Flüchtlingsfamilien als „Untermieter“ im Pfarrhaus.

Seit 1947 begann das kirchliche Leben sich langsam wieder zu normalisieren. Der Kirchenchor nahm seine Arbeit wieder auf, neue Gruppen und Kreise entstanden, nachdem viele der kirchlichen Gruppierungen und insbesondere die Jugendarbeit im Dritten Reich außerhalb der Parteistrukturen der NSDAP verboten war. 1948 ergriff Pfarrer Martin die Initiative zu einem Posaunenchor, der zu Weihnachten 1949 zum ersten Mal einen Gottesdienst mitgestaltete. Diese Arbeit kam aber Mitte der 50er Jahre wieder zum Erliegen, die Instrumente wurden zwischenzeitlich an den Posaunenchor Baiertal ausgeliehen.

1961 gab es unter Pfarrer Moser einen erneuten Anlauf für eine Neugründung eines Posaunenchors. Neuer Chorleiter wurde Peter Sigmann, der seit 1959 Organist der Gemeinde St Ilgen war.

Zum ersten Mal bekamen die Kinder und Jugendlichen 1962 einen eigenen Jugendraum in der Kirche, im ehemaligen Kokskeller unter dem Anbau der Kirche, dem Konfirmandensaal.

Die Renovierung der Dreifaltigkeitskirche innen und außen war ein Schwerpunkt der Jahre 1963-64 (siehe Einzelheiten hier). Die Fenster, im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt, wurden gegen Entwürfe des Glaskünstlers Harry MacLean ausgetauscht. Zugleich wurde der Altarraum neu gestaltet. Dabei nahm man wenig Rücksicht auf die ehemalige Jugend-stilbemalung. Fortan leuchtete die Altarwand in Orange, die zentrale Kanzel wurde ersetzt durch eine seitlich angebrachte und ein großes Bronzeblechkreuz über dem Altar aufgehängt, sowie ein gestifteter Taufstein aufgestellt.

Gerade auch in der Phase des Umbaus zeigten sich die gutnachbarlichen Beziehungen, die sich inzwischen zur katholischen Gemeinde entwickelt hatten. War die katholische Gemeinde während der Renovierung der Aegidiuskirche von Juni bis Dezember 1961 zu Gast in der Dreifaltigkeitskirche, so konnte nun die Evangelische Gemeinde während ihrer Kirchenrenovierung die Aegidiuskirche für Gottesdienste nutzen - ein schönes Zeichen ökumenischer Verbundenheit zu einem vergleichsweise frühen Zeitpunkt.

Der evangelische Kindergarten "Probsterwald" im Frühjahr 2015
(Photo: JG)

Eine völlig neue Situation für die Gemeinde entstand durch die Übernahme des Kindergartens im Probsterwald im Jahr 1966. Zweieinhalb Jahre zuvor, 1963, war dieser zunächst als Ergänzung eines Übergangswohnheimes durch das Regierungspräsidium Karlsruhe eingeplant und mit der Badischen Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft erbaut und fertig gestellt worden - zusammen mit einem Wohnhaus. Der Kindergarten war zunächst in Trägerschaft der Inneren Mission, die sie zum April 1966 kündigte. Da die Stadt die Erweiterung der Baugebiete im Probsterwald bereits angekündigt hatte, war eine Erhaltung des Kindergartens dringend notwendig. Doch damit kamen völlig neue Aufgaben und Verpflichtungen auf den Kirchenge-meinderat zu. Vor allem die Finanzierung der Kindergartenplätze bereitete zunächst Probleme, bis analog zu anderen Kommunen, eine Vereinbarung mit der politischen Gemeinde getroffen werden konnte.

Im selben Jahr wurde am Wochenende 18./19. Juni das 50. Doppeljubiläum von Kirche und Kirchenchor in großem Stil gefeiert, mit Gastchören aus St. Ilgen und Umgebung am Samstagabend und am Sonntagvormittag mit einem Festgottesdienst, bei dem der Landesbischof Dr Heidland die Festpredigt hielt.

Martin-Luther-Haus (Ecke Bahnhofstraße / Leimbachstraße) - Dezember 2015
(Photo: JG)

In der ersten Hälfte der 60er Jahre entwickelte sich das Gemeindeleben intensiv weiter, neue Gemeindekreis kamen dazu, so dass das Problem eines fehlenden Gemeindehauses immer drängender wurde. Denn bis dahin gab es nur den Konfirmandensaal im Anbau der Kirche mit max. 60 Sitzplätzen (gestuhlt) und einen kleinen Jugendraum im Keller darunter.

Seit Frühjahr 1969 bemühte sich die Kirchengemeinde um den Ankauf der ehemaligen Zigarrenfabrik an der Ecke Bahnhofstraße / Leimbachstraße. Zu diesem Zeitpunkt gehörte das Anwesen der Neuhaus & Cie Zigarrenfabrik in Schwetzingen [in deren Besitz die Fabrik 1937 aus dem Eigentum der Zigarrenfabrik Isaak Hockenheimer & Söhne gelangt war]. In den letzten Jahren vor dem Verkauf an die Evang. Gemeinde war das Gebäude an einen holzverarbeitenden Betrieb verpachtet.
Bereits im Oktober 1969 gab es einen ersten Planentwurf zur Umgestaltung in ein Gemeindehaus - entstehen sollten ein Gemeindesaal mit 130 Sitzplätzen, eine Teeküche, zwei Jugendräume im Keller. Möglich wurde die Umgestaltung zu einem erheblichen Teil durch Spenden und viele Stunden Eigenleistung von Gemeindegliedern. Ende Dezember 1971 konnte das Gemeindehaus feierlich eingeweiht werden.

Immer wieder waren kostenaufwändige Reparaturen am Pfarrhaus notwendig, so dass Anfang der 70er Jahre ernsthaft darüber diskutiert wurde, nun doch - entsprechend der Pläne von 1914 - das Pfarrhaus als Anbau an die Kirche zu realisieren. Dies wurde im Januar 1974 vom Oberkirchenrat in Karlsruhe abgelehnt, u.a. mit Blick auf die dann notwendige und teure Angleichung an den Jugendstil der Kirche.

Im April 1974 gelang dann endlich eine nachhaltige Neugründung des Posaunenchors durch Heinz Brucker, der im Jahr 2014 zusammen mit seinen Instrumentalist/innen sein 40-jähriges Jubiläum als Leiter des Evang. Posaunenchors feiern konnte.

„Durch die Mitgestaltung zahlreicher Gottesdienste und durch eigene (kirchen)musikalische Veranstaltungen und Konzerte hat uns der Posaunenchor schon sehr viel Freude bereitet, und es bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass der Fortbestand durch interessierte Nachwuchskräfte für alle Zeit gewährleistet ist.“ (So Philipp Kübler vor 25 Jahren in seinen Aufzeichnungen).

Ebenfalls im Jahr 1974 musste der Kindergarten erweitert werden, die 25 Kindergartenplät-ze reichten nicht mehr aus für die Zahl der Anfragen. Dazu baute die Kirchengemeinde die bisher für die Kindergartenleiterin genutzte Wohnung im angrenzenden Wohnhaus für weitere 25 Kinder um.

Nach Erweiterungsmaßnahmen im Gemeindehaus 1973 (Ausbau der Dachwohnungen) musste schon 1977 das Kellergeschoss renoviert und wegen der Wandfeuchtigkeit besser belüftet werden.

Landesmissionsfest 1979
(Photo aus dem Archiv der Stadt Leimen)

Ein besonderes Ereignis in der Geschichte der Evang. Kirchengemeinde St Ilgen war die Durchführung des Landesmissionsfestes der Evang. Landeskirche Baden vom 18. bis 20. Mai 1979. Hauptreferent war Pfarrer Heinrich Albertz, im Dritten Reich Mitglied der Bekennenden Kirche, danach “Flüchtlinspfarrer”, Bundesvorsitzender der AWO und von 1966-67 Regierender Bürgermeister von Berlin (auf dem Photo Zweiter von links, rechts daneben der damalige Dekan Werner Schellenberg).

Eine soziale Dimension unseres Engagements als Gemeinde ist die Unterstützung der häuslichen Pflege von Alten und Kranken. In früheren Jahren war dafür in St. Ilgen der Krankenpflegeförderverein direkt zuständig, über Jahre schon ökumenisch ausgerichtet und getragen, am Anfang noch vielfach durch den Dienst von Diakonissen ermöglicht. Durch viele rechtliche Änderungen bedingt, aber auch aufgrund anderer gesellschaftlicher Veränderungen (steigende Mobilität, geringer werdende Zahl der Diakonissen etc), wurde es immer schwieriger, mit kleinen Vereinen diese Arbeit aufrecht zu erhalten.

Zunächst beschloss unsere Gemeinde daher im Juli 1979 den Beitritt zum Trägerkreis der Kirchlichen Sozialstation Leimen-Nussloch. Doch wieder änderten sich die rechtlichen Rahmenbedingungen, die neuen Pflegegesetze, die Pflegeversicherung sowie der zunehmende Konkurrenzdruck durch private Pflegeunternehmen führten schließlich Anfang der 90er Jahre dazu, dass der Kreis der Träger der Kirchlichen Sozialstation noch einmal erweitert wurde.

Belegschaft der Sozialstation im Jahr 2015
(Photo: Kirchl. Sozialstation Leimen)

Heute gehören zum Trägerkreis die Evangelischen Gemeinden von Gauangelloch, Leimen, Nussloch, Sandhausen und St. Ilgen sowie die katholische Seelsorgeeinheit am Leimbach mit ihren Teilgemeinden in den bereits genannten Ortschaften - also insgesamt 10 kirchliche Gemeinden. Diese sind jeweils durch eine/n Ehren- oder Hauptamtliche/n im Vorstand vertreten. In die Generalversammlung entsendet jede Gemeinde Delegierte entsprechend ihrer Gemeindegröße.

Seit dieser Neuorganisation sind die Einsatzfahrzeuge der Kirchlichen Sozialstation Leimen-Nußloch-Sandhausen kaum noch aus dem Ortsbild der beteiligten Ortschaften / Kirchengemeinden wegzudenken. Mittlerweile sind mehr als dreißig Kranken- und Altenpflegerinnen in der Krankenpflege und mehr als neunzig in der Nachbarschaftshilfe beschäftigt, die dem karitativen Engagement unserer Gemeinden ein Gesicht für die Bürgerinnen und Bürger unserer Region geben. Waren es früher die Diakonissen, ohne die eine geregelte Versorgung und Pflege der Kranken und Alten in unseren Gemeinden nicht möglich gewesen wäre, so fallen heute die Ordenstrachten der indischen Karmelitinnen auf, die nun einen großen Teil der Pflege abdecken.
Trotz aller Veränderungen ist der Krankenpflegeförderverein St. Ilgen neben der Kirchlichen Sozialstation nicht überflüssig geworden, sondern kümmert sich um seine langjährigen, pflegebedürftigen Mitglieder, indem er ihnen einen Zuschuss gewährt auf notwendige Pflegemittel, die durch die Krankenkassen und die Pflegeversicherung nicht übernommen werden.

Seit Juni 1981 rückte verstärkt auch die Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde in den Fokus des Kirchengemeinderats: Der „Gemeindebrief“ erblickte das Licht der Welt. Zunächst in Schwarz-Weiß hektographiert und in einer Auflage von 1700 Exemplaren erscheint er heute in farbigem Kleid in einer Auflage von 2500 Exemplaren, die frei an die evangelischen Haushalte verteilt werden.

Gemeindefest rund um die Kirche - Der Posaunenchor spielt auf
(Archiv der Stadt Leimen)

Ebenfalls seit 1981 gibt es das Gemeindefest unserer Gemeinde. Von Pfarrer Wolfgang Keller initiiert findet es seit damals im September statt, zunächst noch „rund um die Kirche“, also wie auf dem Photo zu sehen, auch unter Einbeziehung des Kirchenvorplatzes. Zur Geselligkeit und zum gegenseitigen Kennenlernen dienten auch die zahllosen Freizeiten, die „Reise-Pfarrer“ Keller organisierte.

Die weiteren Jahre in unserer Gemeinde seit den 90ern waren immer wieder von Baumaßnahmen bestimmt. Nach Abschluss der Arbeiten am Kindergarten werden Anfang der 90er-Jahre Renovierungen am Pfarrhaus notwendig.

Ebenfalls Anfang der 90er-Jahre erhielt die ökumenische Zusammenarbeit mit der katholischen Gemeinde weitere Impulse, ausgelöst durch die Renovierung der St. Aegidiuskirche fanden die katholischen Gottesdienste damals in der Evangelischen Kirche statt.

Wenig später dann das umgekehrte Bild: Nachdem Mitte der 90er Jahre ein Sachverständiger schwere Mängel an der Evang. Dreifaltigkeitskirche feststellte, genoss die Evang. Gemeinde in der St. Aegidiuskirche Gastrecht mit ihren Gottesdiensten.

Der Schadensbericht vom Oktober 1995 listet zahlreiche Mängel an der Außen- und Innenfassade auf. Zum Teil gab es massive Rissbildungen in den Sandsteingesimsen, ganze Sandsteinelemente mussten ausgetauscht und der Putz in größerem Umfang saniert werden. In diesem Zusammenhang wurde die Innenbemalung der Kirche wieder weitgehend in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt. Diese Sanierungsarbeiten begannen im Sommer 1998.

In denselben Zeitraum ab 1992 fiel der Zuzug zahlreicher deutschstämmiger Familien aus den Republiken der ehemaligen Sowjetunion, die sich in der Neubausiedlung der Fasanerie konzentrierten. Bei den Sitzungen des Kirchengemeinderats in dieser Zeit spielte das Thema immer wieder eine wichtige Rolle, welche Angebote man an die Neubürgerinnen und Neubürger machen kann, um sie für eine Integration in die Gemeinde zu gewinnen. Es enstand u.a. ein Besuchsdienstkreis, der über Besuche Beziehungen zu den Neuankömmlingen aufbaute, eine Kleiderkammer, bei der Second-Hand-Kleidung an notleidende Alteingesessene und Spätaussiedler weitergegeben wurde und zahlreiche andere Initiativen. Die Landeskirche stellte Mittel für einen Projektvikar (Jochen Banitz) bereit, der die Arbeit mit den Spätaussiedlern ab März 2000 schwerpunktmäßig betreute.

Unser Gemeindebus
(Photo: JG)

Zusammen mit der katholischen Gemeinde wurde das Ziel verfolgt, die Spätaussiedler dort “abzuholen”, wo sie leben, indem sie jährlich zu einem ökumenischen Gottesdienst in der Fasanerie eingeladen wurden - unter dem Motto: “Die Kirche kommt zu Ihnen”. Dieses Engagement der beiden Kirchen führte dazu, dass v.a die ältere Generation der Spätaussiedler in der Evang. Gemeinde eine neue Heimat fanden. Ein Spätaussiedlerfrauenkreis entstand, einige der Neubürger/innen, die sich schon in ihrer alten Heimat in Hauskreisen trafen, versammeln sich seither zur “Stund” am Mittwochmittag in unseren Räumen, usw. In dieser Zeit wurde auch ein Gemeindebus erworben, der sonntags verschiedene Bushaltestellen abfährt, damit v.a. weit entfernt wohnende ältere Gemeindeglieder zur Kirche kommen können.

Nachdem Beate Granzin im Spätjahr 1998 als Gemeindediakonin verabschiedet worden war, fiel im Frühjahr 1999 die Entscheidung für Martina Weber als neue Stelleninhaberin, die seither ihren Schwerpunkt in der Kinder- und Ju-gendarbeit hat, aber daneben unter anderem auch Trauernde in der Seelsorge begleitet sowie den Aussiedlerfrauenkreis betreut.

Nach fast drei Jahren Sanierung der Dreifaltigkeitskirche wurde diese am 10. Juni 2001 mit einem großen Festgottesdienst der Gemeinde wieder zur Nutzung für das gottesdienstliche Leben übergeben.

Im Februar 2003 verabschiedeten wir Jochen Banitz als Projektvikar - nach drei Jahren fruchtbarer Arbeit mit den Spätaussiedlern. Viele Kontakte konnte er in dieser Zeit neu knüpfen, die auch heute noch bestehen. Dennoch gehört dieses Arbeitsfeld wie auch die Kontaktaufnahme mit neuzugezogenen Gemeindegliedern anderer Herkunft bei einer hohen Bevölkerungsfluktuation zu den bleibenden Aufgaben unserer Gemeinde.
 
Über die Jahre wurden die ökumenischen Beziehungen zu unserer katholischen Geschwistergemeinde St. Aegidius immer intensiver. Als Konsequenz daraus wurden seit Oktober 2001 jährlich gemeinsame Sitzungen von katholischem Pfarrgemeinderat und evangelischem Kirchengemeinderat abgehalten und ein Ökumeneausschuss gegründet. Diese Entwicklung gipfelte im Jahr 2009 mit der Unterzeichnung einer Ökumenischen Rahmenerklärung. In ihr sind unter sechs Überschriften die Gemeinsamkeiten und die ökumenischen Handlungsfelder beschrieben - zum Beispiel: "Wir sind im Glauben an Jesus Christus miteinander verbunden. Wir tragen gemeinsam das Evangelium in die Welt. Wir machen Schritte aufeinander zu, wollen voneinander lernen und Gemeinschaft leben." Besonders im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit hat sich seither eine vielfältige Zusammenarbeit entwickelt, aber auch in anderen Handlungsfeldern wie in der Frauen- und Seniorenarbeit oder in der Kirchenmusik.

Seit der letzten Gemeindevisitation 2006 wurde der Gebäudebestand unserer Gemeinde auf den Prüfstand gestellt. Besonders die vielen Altbauten mit energetisch ungünstigen Rahmenbedingungen und hohem Verwaltungsaufwand bei wenig Ertrag wurden als problematisch für eine nachhaltige zukünftige Entwicklung angesehen, zumal der überwiegende Teil aufwändig hätte saniert werden müssen. Beschlossen wurde, sich von einem Teil der Gebäude zu trennen, um damit Mittel freizubekommen für einen energetisch nach neuesten Gesichtspunkten gestalteten Gemeindehausneubau. Dies bestimmte seit 2007 die Agenda des Kirchengemeinderats mit und erneut rückten Bauangelegenheiten in den Fokus der Sitzungen.

Zunächst wollte man dabei am Pfarrhaus in der Theodor-Storm-Straße festhalten. Doch angesichts der hohen Kosten wurde ein Beschluss zur energetischen Sanierung schließlich zurückgezogen und das frühere Pfarrhaus zum Verkauf angeboten.

In diesen Zeitraum fiel auch die Pensionierung des langjährigen Pfarrers unserer Gemeinde, Wolfgang Keller, der am Erntedankfest 2010 seinen letzten Gottesdienst als Amtsinhaber in St. Ilgen hielt. Die Gemeinde entschloss sich, für künftige Amtsinhaber/innen ein Haus als Dienstwohnsitz anzumieten. Als Ersatz für die Amtsräume konnte im Sommer 2010 das Haus des ehemaligen Ratsschreibers und Kirchengemeinderats Philipp Kübler links von der Kirche angekauft werden.

Nach einem Vorstellungsgottesdienst im März 2011 wurde Jörg Geißler zum neuen Pfarrer gewählt, der im September seinen Dienst in St. Ilgen antrat. Bereits im Juni 2011 wurde der Architektenwettbewerb um den Neubau des Gemeindehauses entschieden zugunsten eines Entwurfs der Architektenarbeitsgemeinschaft (AAg) Heidelberg.

Der Bau eines Mehrgenerationenhauses durch die Evangelische Heimstiftung in St. Ilgen eröffnete ein neues Arbeitsfeld für die Evang. Gemeinde. Ältere Gemeindeglieder können seither am Ort bleiben, wenn sie pflegebedürftig werden. Der Kontakt zur Gemeinde wie zu den ehemaligen Nachbarn und Freunden bleibt erhalten. Unsere Gemeinde hat darauf reagiert mit der Einrichtung eines Besuchsdienstes, dessen Mitglieder die Menschen im Generationenhaus besuchen und ihre Dienste anbieten. Monatlich finden evangelische Gottesdienste und zu bestimmten Gedenk- und Feiertagen auch ökumenische Gottesdienste im Haus statt.

Am anderen Ende der Altersskala stehen Angebote für junge Familien, welche die Gemeindearbeit seit einiger Zeit bereichern. Damit reagiert unsere Gemeinde auf gesellschaftliche Veränderungen: Bei der zunehmenden Arbeitszeitverdichtung erscheint es uns wichtig, Angebote zu machen, die Eltern gemeinsam mit ihren Kindern wahrnehmen können, damit sie die wenige freie Zeit gemeinsam verbringen können.

Tauffest im Freien
(Photo: JG)

Zu einem besonderen Highlight haben sich auch die Taufgottesdienste an einem der Seen in der Nachbarschaft entwickelt, die wir alle zwei Jahre gemeinsam mit unserer evangelischen Schwestergemeinde in Leimen anbieten. Angesichts der zunehmenden Wichtigkeit von Kasualgottesdiensten in der Wahrnehmung unserer Gemeindeglieder ein erster Schritt, um solche “Gottesdienste von Fall zu Fall” stärker zu würdigen.

Seit knapp drei Jahren bieten wir zusammen mit der katholischen Gemeinde ein Ökumenisches Frauenfrühstück an unter dem Titel “5 nach 9”, in dessen Rahmen nach einem Frühstück an zum jeweiligen Motto dekorierten Tischen ein Referat in ein geistliches, künstlerisches oder ein gesellschaftliches Thema einführt, um das Gespräch unter den Teilnehmerinnen anzustoßen.

Ebensolange gibt es die Benefizkonzertreihe “Diljemer Fermaten”. Künstler aus St. Ilgen oder der Umgebung “schenken” uns ein Konzert, der Eintritt ist frei, die Spenden der Konzert-besucher/innen am Ausgang helfen uns, die zusätzlichen Ausgaben für die Inneneinrichtung des neuen Gemeindehauses zu finanzieren.

Denn unser Bauvorhaben ist - nach längerer Anlaufphase - 2014 endlich in die Gänge gekommen. Davor musste der Siegerbeitrag im Architektenwettbewerb mehrfach neuen Bedingungen angepasst werden. Die ursprüngliche Idee, ein Gemeindehaus links von der Kirche zu entwickeln, verlegte der Oberkirchenrat aufgrund des damals noch fehlenden Bauplatzes an dieser Stelle für den Wettbewerb nach rechts. Aufgrund der Umstände wanderte das Haus danach jedoch wieder nach links. Der Jugendraum, der im neuen Entwurf wie der Rest des Gemeindehauses ebenerdig geplant wurde, musste aufgrund von Kostensteigerungen über die zwei Jahre Planung wieder auf die Gartenebene verlegt werden.

Grundsteinlegung für das neue "Martin-Luther-Haus" am 06. September 2015
(Photo: JohG)

In der ersten Bauphase wurde im Jahr 2014 das neue Pfarramt in den rückwärtigen Räumen und in Anbauten an die Kirche untergebracht. Im Februar und März 2015 wurde das Küblerhaus, in dem sich das Pfarramt übergangsweise befunden hatte, abgerissen und danach im dritten Bauabschnitt mit den Fundamentarbeiten für das neue Gemeindehaus begonnen. Am 06. September 2015 konnten wir die Grundsteinlegung feiern. Jetzt im Februar 2016 erwarten wir die letzten Arbeiten an Fassade und Dach bevor im neuen Jahr der Innenausbau beginnt.

Mit dem Gemeindehausneubau schließt sich ein Kreis: Es kommt zu einem vorläufigen Abschluss, was vor 100 Jahren mit dem Bau der Kirche schon angedacht war: Die Einheit von Kirche und Pfarrhaus, das neben der Pfarrwohnung auch Pfarramt und Gemeinderäume enthalten sollte, findet sich nun wieder in der Zuordnung von Kirche, Pfarramt und Gemeinderäumen in unmittelbarer Nachbarschaft auf einem Gelände. So zentriert sich das Leben unserer Gemeinde neu um die Dreifaltigkeitskirche, mit einem Gemeindehaus, das durch seine architektonische Offenheit eine Einladung an die evangelischen Gemeindeglieder wie an unsere ökumenischen Geschwister und die gesamte Bürgerschaft signalisiert. Zugleich öffnet sich die Glasfront des Gemeindehauses hin zur Kirche und rückt diese neu in den Blick der Besucherinnen und Besucher unseres Hauses. Möge stets der gute Geist Gottes in ihm herrschen.

Für die Kirchengemeinde eröffnet sich mit diesem barrierefreien und energetisch nachhaltig geplanten Haus eine Reihe von neuen Möglichkeiten. Ein Ideenwettbewerb 2014 lieferte dafür erste Orientierungen. Der Kirchengemeinderat möchte diese, nun da der Baufortschritt sichtbar wird, mit interessierten Gemeindegliedern weiterentwickeln, damit sich das Gemein-dehaus nach seiner Fertigstellung recht bald füllt - mit den bewährten Gemeindegruppen, aber auch mit ganz neuem Leben, getreu dem Motto:
“100 Jahre. Jung!”

 

 
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