Startseite Wir erinnern 2003 Krieg oder Frieden ?  · 

Geistliches Wort, Frühjahr 2003

Liebes Gemeindeglied,

nichts bewegt uns in den Tagen, da ich diese Zeilen schreibe, mehr als die Frage, ob es Krieg im Irak gibt. Angst, Gefühle der Ohnmacht und der Hoffnungslosigkeit bestimmen viele Menschen angesichts des Geschehens auf der großen weltpolitischen Bühne. Und vielleicht hat der Krieg ja schon begonnen, wenn Sie diesen Gemeindebrief lesen - auch wenn ich das Gegenteil hoffe und darum bete.

Denn: Krieg ist immer die schlechteste aller denkbaren Möglichkeiten. Krieg soll nach dem Willen Gottes nicht sein. Denn Krieg bringt Tod und Zerstörung, Not und unendliches Leid. Und Krieg kennt am Ende meist nur Verlierer, und sei es die Menschlichkeit , die auf der Strecke bleibt. Krieg ist für mich nicht, wie einmal einer sagte, die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln - Krieg ist für mich der Bankrott von Politik.

Es ist gut, dass Menschen auf die Straßen gehen, um für den Frieden zu demonstrieren und gut, dass sie in die Kirchen und Gottesdienste kommen, um für den Frieden zu beten. Warum nicht immer? Es ist gut, NEIN zum Krieg zu sagen, aber ebenso NEIN zu den Diktatoren dieser Welt, für die die Menschen (ihrer Länder) nicht zählen und denen es nur um den eigenen Machterhalt geht. Und es ist gut, JA zu sagen zu allen Versuchen, Frieden zu erhalten oder zu schaffen.

Hoffen und beten wir also weiter, dass ein Krieg entweder noch verhindert werden kann - oder, dass, wenn er schon geführt werden sollte, er bald zu Ende ist und danach Frieden einkehrt und alle sich für eine gute Zukunft für die Menschen einsetzen.

Ich denke aber, da ich diese Gedanken zu Papier bringe, nicht nur an die großen Kriege, sondern auch an die kleinen. Die "Kriege" im täglichen Miteinander zwischen uns Menschen: Hass und Neid, Vorurteile, persönliche Eitelkeiten - sie spiegeln auf unserer überschaubaren Ebene und in den uns geläufigen Erfahrungen das wider, was im Großen geschieht. Diktatoren im Kleinen gibt es zuhauf, der Kampf um die eigenen Vorrechte und Vorteile wird oft "gnadenlos" und auf Kosten anderer geführt...!

Immer wieder höre ich (angesichts der Irak-Krise): "was können wir denn tun? Die machen ja doch, was sie wollen"! - Das mag stimmen oder nicht: im Kleinen jedenfalls können wir alle etwas tun. Können bei uns anfangen, Frieden einzuüben: in der Familie, der Nachbarschaft, zwischen den Parteien, in der Gemeinde. Frieden üben - an unserem je eigenen Platz. Beispiel geben, wie Konflikte gelöst werden können ohne die "letzte" Stufe, die Gewalt.

Jede und jeder kann und möge sich selbst prüfen, wo sie/er dazu beitragen kann und wie ernst es ihr/ihm damit ist. Es ist leicht, zu reden und von anderen zu verlangen, sie mögen für Frieden sorgen, aber so unendlich schwer, selbst damit anzufangen. Wie sieht es da in unseren Herzen aus?

Möge uns dabei die biblische Losung für dieses Jahr (aus dem 1. Samuelbuch im Alten Testament der Bibel) helfen: "Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an". Möge dieser Herr, unser gnädiger Gott, unsere Herzen anschauen - und sie anrühren, damit jede und jeder von uns zum "Friedensstifter" wird - im Kleinen wie im Großen und ganz im Sinne Jesu Christi.

Mit diesen - dieses Mal zugegebenermaßen fragmentarischen - Gedanken grüßt Sie sehr herzlich und von Haus zu Haus Ihr im Blick auf das, was kommen mag, ebenso banger und sich sorgender, aber dennoch hoffnungsvoller und auf Gottes Führung vertrauender Pfarrer

gez. Wolfgang Keller

Zum Seitenanfang

 

 
top